Zdravotnická politika Zusammenfassung Die Piraten stellen den Menschen in den Mittelpunkt ihrer Gesundheitspolitik. Die um- fassende Gesundheitsversorgung orientiert sich am Patientennutzen. Alle Bürger betei- ligen sich nach ihrer finanziellen Leistungsfähigkeit an der Finanzierung. Antragstext Gesundheitspolitik Die PIRATEN stehen für eine zukunftsfähige und solidarische Gesundheitspolitik mit fol- genden Zielen: • Bei den PIRATEN steht der Mensch im Mittelpunkt des Gesundheitssystems. • Die PIRATEN streben eine am Patientennutzen orientierte Gesundheitsversorgung an. • Mit den PIRATEN wird das Gesundheitswesen über solidarische Beiträge finanziert und effizient organisiert. 1. Bei den PIRATEN steht der Mensch im Mittelpunkt des Gesundheitssystems. Mit den PIRATEN steht im Gesundheitswesen das Wohl der Menschen im Vordergrund und nicht die Gewinnmaximierung. Gesundheitliche Bildung und Gesundheitskultur Die PIRATEN streben für alle Altersstufen und in allen Lebensbereichen die Förderung und Erhaltung von Gesundheit durch eine umfassende Gesundheitsbildung und freien Zugang zu neutralen Informationen an. Dazu zählt insbesondere die Einbeziehung der Gesundheitslehre in den Schulunterricht. Dabei wird ein Basiswissen über die Entste- hung von Gesundheit, häuslicher Gesundheitsversorgung, Erster Hilfe, die Möglichkei- ten eines eigenverantwortlichen, gesundheitsfördernden Verhaltens und die Grund- züge des Gesundheitssystems vermittelt. Es wird eine gesellschaftliche Diskussion angestoßen um eine Gesundheitskultur zu entwickeln, welche den respektvollen und menschenwürdigen Umgang mit Altern, Krankheit und Sterben fördert. Prävention Prävention zur Vermeidung von Erkrankungen ist eine zentrale Aufgabe des Gesund- heitswesens. Dabei umfasst Prävention neben der Früherkennung von Krankheiten auch die Analyse und Veränderung von krankheitsfördernden Bedingungen in Umwelt, Gesellschaft und Beruf. Inklusion von Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen Die PIRATEN betrachten krankheits- oder störungsbedingte Einschränkungen, chroni- sche Erkrankungen oder Störungen sowie Behinderungen als Bestandteile des mensch- lichen Lebens und setzen sich deshalb für die Einbeziehung Betroffener am gesellschaft- lichen Leben im Sinne der Inklusion ein. 2. Die Piraten streben eine am Patientennutzen orientierte Gesundheitsversorgung an. Die Beschwerden der Patienten schnell und wirksam zu erkennen, zu heilen, ihre Lei- den zu lindern und sie bei Bedarf zu pflegen, ist Aufgabe der Gesundheitsversorgung. Mit dem Patienten im Mittelpunkt werden der menschliche Kontakt und die Zuwendung zum Patienten sowie seine Bedürfnisse aufgewertet. Der Verbesserung der wertschät- zenden Kommunikation zwischen allen Beteiligten kommt eine besonders hohe Bedeu- tung zu. Es sind geeignete Infrastrukturen und Anreize zu schaffen, um das Gesund- heitssystem am Behandlungsergebnis und am Patientennutzen auszurichten. Der selbstbestimmte Patient Der Mensch ist im Gesundheitssystem so weit wie möglich selbstbestimmt. Seine Würde und Autonomie sind zu respektieren. Im Rahmen seiner Möglichkeiten entscheidet er über die Form, Intensität und Reichweite der Behandlung. Die Voraussetzung für eine selbstbestimmte Entscheidung ist die Transparenz des Leistungsangebotes und der Ergebnisqualität der Leistungserbringer. Die Kooperation zwischen Leistungserbringer und Patient wird gefördert. Die PIRATEN unterstützen Maßnahmen, die eine Verbesse- rung der Patientenaufklärung und der Einbeziehung des Patienten in Behandlungsent- scheidungen und -abläufe zum Ziel haben. Darüber hinaus werden die PIRATEN auch nach der Einführung des Patientenrechtegesetzes den kontinuierlichen Ausbau der un- abhängigen Patientenberatung voranbringen. Wirtschaftlichkeit Maßnahmen, die geeignet sind, die Versorgungsqualität zu erhöhen und in der Ge- samtheit die Kosten zu reduzieren, werden von den PIRATEN unterstützt. Hierzu zählt beispielsweise die berufsgruppenübergreifende Zusammenarbeit zwischen allen im Ge- sundheitswesen Beteiligten. Eine nachhaltige Gesundheitspolitik zielt jedoch ausdrück- lich nicht nur auf Kostensenkung. Vielmehr erreicht man tatsächliche Wirtschaftlichkeit häufig eher, wenn man mehr Geld für Qualität und Betreuung ausgibt, die sich dann durch niedrigere Folgekosten bezahlt macht. Freie Wahl Jeder Mensch hat die freie Wahl bei qualifizierten Leistungserbringern, nachweislich wirksamen Behandlungsmethoden und anerkannten Arzneimitteln. Die Versorgungs- angebote sind von Seiten der Patienten ohne Beachtung von Sektorengrenzen frei wählbar. Die Leistungserbringer entscheiden, in welcher Form sie ihren Beruf ausüben - ob in niedergelassener Praxis, in gemeinschaftlicher Berufsausübung, innerhalb eines Medizinischen Versorgungszentrums oder als angestellter Arzt einer Institution. Ziel der Behandlung ist eine hohe Ergebnisqualität. Kommunale Anbieter In unterversorgten Gebieten erhalten Kommunen das Recht, hausärztliche Vertrags- arztsitze zu übernehmen und dort Ärzte anzustellen. Zudem sollen mobile Arztpraxen Einzug in die Regelversorgung finden können. Palliative Versorgung Bei Patienten, bei denen am Lebensende oder bei schweren chronischen Erkrankungen keine Heilung mehr möglich ist, soll durch eine palliative Versorgung das Leiden gemin- dert werden. Ein qualifiziertes verbreitetes Angebot an pflegerischer und medizinischer Palliativbetreuung erleichtert Patienten den Weg am Lebensende und hilft Angehörigen bei deren Begleitung und Betreuung. Der Ausbau solcher Angebote ist weiter zu för- dern. Fachkräftemangel Die Arbeitsbedingungen und Ausbildungskapazitäten im Gesundheitswesen sind so zu gestalten, dass dem Fachkräftemangel entgegengewirkt wird. 3. Mit den Piraten wird das Gesundheitswesen über solidarische Beiträge finanziert und effizient organisiert. Finanzierung Alle Bürger beteiligen sich an der Finanzierung des Gesundheitswesens. Die individuelle finanzielle Leistungsfähigkeit wird berücksichtigt. Privilegien der Privaten Krankenversi- cherungsunternehmen sind im Interesse einer einkommens- und vermögensunabhän- gigen Gesundheitsversorgung abzuschaffen. Leistungskatalog Abwägungen zwischen den Interessen von Patienten auf Versorgung und denen der Allgemeinheit auf Beschränkung der Finanzierung auf wirksame, notwendige und wirt- schaftliche Leistungen sind erforderlich. An Entscheidungen über den Leistungskatalog sind neben den Vertretungen der Selbstverwaltung auch weitere Vertretungen der wirt- schaftlichen Interessen der Leistungserbringer und Kostenträger sowie Patientenorga- nisationen gleichberechtigt zu beteiligen. Die Versorgung mit medizinisch notwendigen Leistungen erfolgt unabhängig von der finanziellen Leistungsfähigkeit des Patienten und der Form der Versicherung. Längere Wartezeiten abhängig von der Versicherungs- art sind nicht akzeptabel. Die qualitativen und quantitativen Unterschiede der Versor- gung dieser Gruppen sind unabhängig zu erheben und öffentlich darzustellen. Informations- und Kommunikationstechnologie Die PIRATEN setzen sich dafür ein, dass die Bürger über alle sie betreffenden perso- nenbezogenen Daten Kenntnis und Kontrolle erlangen können, die im Zusammenhang mit Erkrankungen und Behandlungen gespeichert werden. Um die Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Akteuren des Gesundheitswesens zu erleichtern, setzen sich die PIRATEN für eine schnellere Etablierung offener Standards zur elektronischen Kommunikation ein. Der Datenschutz ist auf höchstem Niveau sicher zu stellen. Die Ein- nahmen und Ausgaben des Gesundheitssystems sind zeitnah, übersichtlich und nach- vollziehbar darzustellen. Die Darstellung ist so vorzunehmen, dass der Anteil für unmit- telbar dem Patienten zu Gute kommende oder an ihm erbrachte Leistungen transparent ist. Die Organisation des Gesundheitswesens erfolgt in allen Bereichen transparent, effizient und möglichst papierlos. Ein transparentes und faires Abrechnungssystem Gleiche Leistungen bei vergleichbarer Qualität werden grundsätzlich unabhängig von Art und Struktur des Leistungserbringers gleich und angemessen bezahlt. Bei Pauscha- lierungen des Abrechnungssystems ist zu berücksichtigen, dass Behandlungen von Patienten mit besonderem Aufwand angemessen berücksichtigt werden. Die PIRATEN befürworten eine Vereinfachung und Vereinheitlichung der Abrechnung von Leistun- gen im Gesundheitssystem. Wenn unterschiedliche Beträge für gleiche Leistungen be- zahlt werden sollen, ist das zu rechtfertigen. Die PIRATEN setzen sich dafür ein, dass die Vergütung der Leistungserbringer im Gesundheitswesen angemessen, transparent und planbar ist. Qualität Alle Abläufe im Gesundheitswesen werden hinsichtlich der medizinischen Qualität und der Wirtschaftlichkeit unter Berücksichtigung ethischer Gesichtspunkte durch unab- hängige Institutionen wissenschaftlich begleitet. Die daraus abzuleitenden Maßnahmen sind umzusetzen, falls Verbesserungsbedarf festgestellt wird. Damit wird gewährleistet, dass die für die Gesundheitsversorgung vereinnahmten Gelder zuverlässig und sinnvoll zur Bedarfsdeckung aller Patienten verwendet werden. Begründung Allgemein: Dies ist der gemeinsame Antrag der AG Gesundheitspolitik und der AG Gesundheit. Die Piraten vertreten das Menschenbild eines freien und selbstbestimmten Bürgers. Daher muss auch im Gesundheitswesen der Mensch im Mittelpunkt stehen. An dem Menschen und seinen Bedürfnissen im Hinblick auf seine Gesundheit haben sich die Ziele und Aufgaben des Gesundheitssystems auszurichten. Demgegenüber wird bisher die Gesundheitspolitik über die Ressourcen definiert. Im Mittelpunkt der politischen Gesundheitsdiskussion stehen die Einnahmen (Themen wie Krankenkassen, Beiträge, Arbeitgeberanteil, Gesundheitsfonds, Bürgerversicherung, Steuerfinanzierung) und die Verteilung der Ausgaben (Bezahlung der niedergelassene Ärzte, Medikamente, Kran- kenhäuser...). Die Gesetzgebung im Bereich des Gesundheitssystems regelt bis auf wenige Ausnahmen in erster Linie Fragen der Einnahmen der gesetzlichen Kranken- versicherung, Begrenzung der Ausgaben und die Verteilung der Ausgaben unter den Leistungserbringern. Die Piraten lösen sich bewusst von dieser Diskussion sowie den festgefahrenen Positionen der Beteiligten und entwickeln stattdessen die Vorstellung eines Gesundheitssystems, das sich zuerst über seine grundlegenden Ziele und Aufga- ben definiert. Zu 1.: Der Mensch im Mittelpunkt und Gesundheitsbildung Die Vermittlung gesundheitsrelevanter Themen soll präventives und gesundheitsför- derndes Verhalten stärken. Weiterhin kann die Fähigkeiten im Umgang mit Krankheit, Alter und Tod unterstützt werden. Beispielsweise soll durch Vermittlung von Grundwis- sen die Fähigkeit zur Beurteilung der Behandlungsbedürftigkeit oder der Dringlichkeit bei einfachen Erkrankungen oder Beschwerden gefördert werden. Dies stärkt die Ge- sundheitskompetenz des Einzelnen und entwickelt damit die Voraussetzung für aufge- klärte, selbstbewusste und damit selbstbestimmte Patienten. Zusätzlich ist ein Rück- gang der Inanspruchnahme bei leichten, prinzipiell selbst zu behandelnden Krankheiten und Verletzungen zu erwarten. Die Piraten stärken die Rolle der Prävention innerhalb des Gesundheitssystems. Die Vorbeugung von Krankheiten ist die bestmögliche Ge- sundheitsversorgung. Prävention ist für uns mehr als die Früherkennung von Krank- heiten (Vorsorgeuntersuchungen) und die finanzielle Unterstützung als gesundheits- fördernd angesehener Verhaltensweisen (wie z.B. Fitnesskurse). Im beruflichen Umfeld beschäftigten sich die Berufsgenossenschaften zum Teil mit Verhältnisprävention, aller- dings eher auf technischer Ebene (Arbeitsschutz). Die Piraten wollen den Auftrag des Gesundheitswesens auf eine umfassende Verhältnisprävention erweitern. Dazu gehört auch, bereits in Schulen und anderen Bildungseinrichtungen Gesundheits- und Krank- heitsfaktoren stärker als bisher als Teil des Bildungsauftrages zu verstehen. Zu 2. Gesundheitsversorgung orientiert sich am Patientennutzen Die Versorgungsstrukturen sind derzeit unflexibel und extrem reguliert. Starre Sekto- rengrenzen verhindern beispielsweise eine am Patienten orientierte kontinuierliche Be- handlung aus einer Hand, selbst dort, wo dies deutlich effizienter und medizinisch sinn- voller wäre, als die derzeitige Verschiebung der Patienten zwischen den Sektoren. Die Regulierungen dienen dabei meist in erster Linie dem Schutz von Partikularinteressen der Anbieter und weniger der Kostendämpfung oder gar dem Interesse des Patienten. Dort wo Sektorengrenzen aufgehoben werden, ist dies auf Einzelfälle beschränkt und mit erhöhtem bürokratischem Aufwand verbunden. Zu 3. Solidarische Finanzierung und Organisation Für die Piraten steht an erster Stelle die Frage, wie viel unserer Gesellschaft die Ge- sundheit wert ist. Diese Frage muss zu allererst gesellschaftlich diskutiert werden. Erst dann können konkrete Formen der Finanzierung entwickelt werden. Gleichzeitig gibt es grundsätzliche Ziele zur Finanzierung des Gesundheitssystems. Diese Frage steht über allen weiteren Fragen und Einzelheiten der Finanzierung. Ein gesamtgesellschaftlicher Konsens oder zumindest die Darstellung der Positionen in der Gesellschaft erscheint den Piraten erforderlich. Jeder ist potentiell von Krankheit betroffen und auf das Ge- sundheitssystem angewiesen. Deshalb sollte sich auch grundsätzlich jeder an der Fi- nanzierung des Gesundheitssystems beteiligen. Die Piraten halten die Berücksichtigung der individuellen Leistungsfähigkeit aus sozialen Gründen für erforderlich und auch für gerecht. Dennoch lässt diese Formulierung Spielraum für die Fantasie, in einem gesell- schaftlichen und politischen Dialog neue Formen der Finanzierung anstatt der derzeiti- gen festgefahrenen Positionen zu finden.